Neues Fleisch

Tierische Produkte müssen nicht ersetzt werden – allerdings ist es höchste Zeit, die Qualität ihres Konsums zu senken. Davon ist Redefine Meat überzeugt und will auch Fleischliebhabern eine gesundheits- und umweltbewusste Alternative bieten, die so nah wie möglich am Original ist.

Text: Daniel Feichtner

Der Verzicht auf Fleisch ist schon lange kein kulinarisches Nischenphänomen mehr. Zugleich ist die Entscheidung heute für viele aber auch deutlich weniger absolut. Anstelle des Totalverzichts entschließen sich immer mehr – und darunter auch dezidierte Fleischfans –, ihren Konsum zurückzuschrauben, ist Ulrich Strünck überzeugt. „Sowohl im Sinne der eigenen Gesundheit als auch für den Klima- und Umweltschutz“, meint er.

Strünck leitet den Vertrieb und den Markenauftritt von Redefine Meat. Das 2018 in Israel gegründete und seit 2022 auch im DACH-Raum aktive Unternehmen entwickelt und vertreibt „pflanzliches Fleisch“ unter dem Markennamen „New Meat“. Die Palette umfasst im DACH-Raum aktuell insgesamt zehn Produkte, vom Burger-Patty und der Bratwurst über Pulled Beef, Pork und Lamp bis hin zum Flank Steak. Dieses Angebot richtet sich vor allem an ein Kundensegment, das durchaus noch Fleisch isst, sich der Folgen ihres Essverhaltens auf sich selbst und die Umwelt aber bewusst ist und sein Konsumverhalten entsprechend anpasst.

Kein Ersatz

Deswegen spricht Strünck auch weniger von Fleisch-Ersatz, sondern eher von einer Alternative, die dem tierischen Produkt so nahe wie möglich kommen soll. Dieses Ziel ist Redefine Meat großen Aufwand wert: In der Entwicklungsabteilung des Unternehmens arbeiten 80 Personen daran, nicht nur den Geschmack verschiedener Fleischsorten zu imitieren, sondern auch deren Struktur und Textur, um dem haptischen Gefühl beim Verzehr so nahe wie möglich zu kommen.

Dabei gibt es drei grundsätzliche Faktoren: die Muskelstruktur, die bei Fleisch „am Stück“ wie bei Steak sehr wichtig ist, das Fett und der Saft. „Fleisch ist ein sehr komplexes Naturprodukt“, erklärt Strünck. „Um all diese Aspekte nachzuahmen, müssen sowohl die Zutaten als auch die Verarbeitungsmethoden sehr gut abgestimmt sein.“

Erbsen, Kokos, Himbeersaft

Die Proteinmischungen, die dabei zum Einsatz kommen, werden unter anderem aus Erbsen und Soja, aber auch aus Kartoffeln, Weizen und Reis gewonnen. Der genaue Mix variiert dabei je nachdem, welches pflanzliche Fleisch daraus entstehen soll. Als Fette dienen Kokos- und Rapsöl. Und der Saft bekommt seine Farbe von Cranberrys, Himbeeren oder roten Beeten. Zudem werden Spurenelemente wie Vitamin B12, Eisen und Zink beigemischt, um sowohl den Geschmack als auch den Nährwert dem Original noch näher zu bringen. Für die Struktur sorgt „Additive Fertigung“ – also im Prinzip nichts anderes als 3D-Druck. Dabei werden Proteine, Fette und Saft von einem Druckkopf nicht nur im richtigen Verhältnis, sondern auch an den richtigen Stellen in Schichten aufgetragen, die der Struktur tierischen Fleisches so nahe kommen wie möglich. Aktuell hält Redefine zwölf Patentfamilien rund um verschiedene Herstellungstechnologien.

Fleischalternativen können und werden billiger sein als tierisches Fleisch."
Ulrich Strünck, Redefine Meat

Steigerungspotenzial

Diese sind wichtig. Denn die Skalierbarkeit der Produktion, ohne dabei Qualität zu opfern, ist essenziell, um das langfristige Ziel zu erreichen. Zwar liegen die Vorteile des pflanzlichen Fleischs auf der Hand: „Ganz einfach gesagt, stecken in unseren Produkten die gleichen ‚Zutaten‘ wie in echtem Fleisch – nur lassen wir den Zwischenschritt über das Tier aus und verarbeiten die pflanzlichen Stoffe selbst“, meint Strünck.

Neben den moralischen Implikationen hat das auch ganz klar quantifizierbare Vorteile: Bei der Produktion von New Meat werden nicht nur 90 Prozent weniger Wasser und Fläche verbraucht, sondern auch 90 Prozent weniger CO2 erzeugt wie bei der gleichen Menge an tierischem Fleisch. „Das ist eine gewaltige Ersparnis“, meint Strünck. „Und wir können massive Veränderungen herbeiführen, wenn es gelingt, das zu skalieren.“ Aber um dauerhaften Erfolg zu haben und ihren Weg in den Ernährungsalltag zu finden, müssen die Produkte nicht nur nachhaltig, qualitativ hochwertig, nah am Original und ausreichend bekannt sein. Auch der Preis zählt: „Fleischalternativen können und werden billiger sein als tierisches Fleisch“, ist er überzeugt. „Zum einen, weil wir ohne die Tierhaltung enorm Kosten und Ressourcen sparen. Zum anderen aber auch, weil viele Fleischprodukte heute einfach zu billig angeboten werden. Die Frage ist nur, wann Alternativen die entsprechende Größenordnung erreichen, damit das passiert.“

Wir lassen den Zwischenschritt über das Tier aus und verarbeiten die pflanzlichen Stoffe selbst."
Ulrich Strünk, Commercial Director bei Redefine Meat

Gastro, Webshop, Markentreue

Um diese kritische Masse zu erreichen und die Marken New Meat und Redefine Meat zu etablieren, arbeitet das Unternehmen eng mit seinen mittlerweile 4.000 europäischen Partnern in der Gastronomie und Hotellerie zusammen – darunter auch die deutsche Enchilada-Gruppe und die Steakhäuser der Kette „The Ash“. „Dabei sind Markennamen definitiv ein Thema“, meint Strünck. Denn Fleischalternativen von verschiedenen Herstellern werden aus unterschiedlichen Zutaten mit unterschiedlichen Techniken und unterschiedlichen Qualitätsmerkmalen produziert. „Deswegen ist es uns auch wichtig, dass unsere Produkte auf den Speisekarten unserer Partner entsprechend ausgezeichnet werden.“

Das bedeutet allerdings nicht, dass Erzeugnisse von Redefine überall gleich schmecken. Im Gegenteil. Gleich wie tierisches Fleisch, ist die Alternative darauf ausgelegt, als Rohstoff von Köchen weiterverarbeitet zu werden. „Wir bieten Gastronomen ein weiterveredelbares Produkt und vor allem den Freiraum, daraus zu machen, wonach ihnen der Sinn steht“, meint Strünck. So können verschiedenste Gerichte nahezu gleich wie ihre Fleischvarianten zubereitet werden. Zudem stellt Redefine verschiedene Rezepte zum Nachkochen oder als Inspiration zur Verfügung – nicht mehr nur für Gastronomen, sondern auch für Endverbraucher. Denn mittlerweile ist New Meat auch im Einzel- und vor allem im Online-Handel verfügbar.

Einsparpotenzial

Bei der Herstellung von New Meat wird der Zwischenschritt über das Tier ausgelassen. Neben der moralischen Komponente hat das auch messbare Vorteile. Redefine Meat zufolge verbraucht die Produktion der Fleischalternative 90 Prozent weniger Fläche,
90 Prozent weniger Ressourcen und erzeugt 90 Prozent weniger CO2.

© Axel Springer, shutterstock.com, Redefine

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